Housecleaning

Ich bin überrascht, wieviel Spam mein kleines Blog in den letzten zwei Monaten angezogen hat. Ist ja schon schlimm genug, daß meine Mailbox von Penis-Vergrößerern, echten Rolex-Kopien und Abnehmpräperaten geflutet wird, aber jetzt mein Blog auch noch? Haben die Leute denn nix besseres zu tun, als friedliche Blogger mit Werbescheiß einzusauen?

Ich habe jetzt erstmal sämtliche Userdaten aus meinem Blog getilgt, die nicht nach Bekannten aussehen. Sollte jemand meiner Stammleser zufällig “Geaplegex” oder “olvmavcgas” heißen, möge er oder sie mir doch bitte eine kurze Mail schicken und ich richte den Account neu ein. So langsam verstehe ich keinen Spaß mehr. Die einzigen Kommentare, die ich in letzter Zeit bekomme, bestehen aus hirnrissigen “Cool XD” oder “What I was saying, dude” und einem kryptischen Link-Salat. Das kann nicht gesund sein.

Der Himmel ist die Grenze

oder: Warum ich Dragon Quest IX (DS) vergöttere.

Traurig, aber wahr. Final Fantasy hat alles gesagt. Außer noch mehr Grafikbombast, noch mehr Drama hat diese einstmal Referenzcharakter besitzende Serie eigentlich nix mehr zu bieten. Bestes Beispiel ist FF 13. Zwanzig Stunden lang Tunnelblick, danach dann ein ödes “Laufe hierhin, töte Monster”-Quest nach dem anderen, danach zurück zum Tunnelblick. Alles natürlich in XXL-Eyecandy. Aber spielerisch so sehr auf das Kampfsystem reduziert, daß das selige “Lord Of The Rings: Third Age” schon fast wie Oblivion rüberkommt.

Damit war mein Hunger nach neuen JRPGs erstmal gestillt und ich hab mich auf Geballer und Raserei vertröstet. Und plötzlich bekomme ich aus allen möglichen Richtungen Empfehlungen, mir doch bitte mal “Dragon Quest IX: Sentinels Of The Starry Sky” (in Deutschland “Hüter des Himmels”) anzugucken, weil das doch mit einer ganzen Latte JRPG-Klischess bricht. Und das von einer Serie, die im Grunde das “klassische” JRPG begründet hat? Zweifel, Zweifel. Aber ich wurde tatsächlich eines Besseren belehrt.

Das fängt schon damit an, daß man seinen Helden selbst erstellen darf. Klar, die optischen Anpassungsmöglichkeiten beschränken sich auf den japanophilen Knuddel-Kopffüßler-Look mit Stachelfrisur oder Emo-Haarschnitt, aber immerhin HAT man diese Wahlmöglichkeiten. Zum anderen bekommt man nicht irgendwelche drama-beladenen Sidekicks an die Hand, sondern darf seine Party ebenfalls nach Lust und Laune zusammenstellen. Drittens legt DQ9 ein dermaßen zügiges Erzähltempo an den Tag, man hat in den ersten drei Stunden schon mehr Plot hinter sich als in den ersten zwölf Stunden von FFXIII. Und trotzdem wirkt die Geschichte nicht übermäßig komprimiert oder hastig runtergespült, sie ist halt clever in kleine Episoden verpackt, die man auch mal an einem Abend durch hat.

Die große Hauptstory dreht sich um den Spielercharakter, einen Engel, dessen Job eigentlich nur das Beschützen eines kleinen, verschlafenen Dorfes ist. Die Engel machen das in DQ9 allerdings nicht aus uneigennütziger Nächstenliebe, sondern weil jede gute Tat ihrerseits mit kristallisierter Dankbarkeit belohnt wird, die die Engel wiederum brauchen, um Yggdrasil, den Weltenbaum zu düngen, in der Hoffnung, daß besagter Baum irgendwann Früchte tragen und sie dadurch zurück an die Seite des Allmächtigen bringen wird. Der Hauptcharakter bringt den letzten Rest Dankbarkeit mit, der Baum erblüht und trägt Früchte - und das Chaos beginnt. Im Laufe der folgenden Handlungsepisoden versucht man nun, zuerst wieder zurück nach Hause zu kommen (da man ziemlich unsanft in der Welt der Sterblichen gestrandet ist) und später die verlorenen Früchte Yggdrasils einzusammeln, was sich - RPG-typisch - natürlich als erheblich schwieriger erweist als ursprünglich gedacht. Die bisher erlebten Mini-Episoden sind allesamt kompetent erzählt und schwanken zwischen RPG-Standardkost und wirklich zum Nachdenken anregend.

Von der generellen Struktur und den Mechaniken erfindet DQ9 das Rollenspiel-Rad nicht neu, ganz im Gegenteil. Es beschränkt sich fast schon auf die absoluten Basics. Die Abenteuer folgen ziemlich religiös dem Stadt-Oberwelt-Dungeon-Stadt-Rhythmus, die Kampffrequenz ist sehr hoch, aber dafür sind die Kämpfe mit oftmals weniger als einer Minute schnell abgefrühstückt. Der Schwierigkeitsgrad ist angenehm ausgewogen, wenn man wie ich zu den notorischen Powerlevellern gehört, sogar schon fast leicht, und die Bosskämpfe fordern mit taktischem Tiefgang. Und als ob das nicht schon genug wäre, bietet das Spiel neben der Hauptstory (an der ich immer noch knabbere) tonnenweise Sachen zum Nebenher-Erledigen: Seien es kleine Sammelaufgaben, versteckte Dungeons für richtig gute Extra-Ausrüstung, neue Spielerklassen, die man durch wahnwitzige Kampf-Konstellationen freischaltet oder einfach nur das Erkunden der riesigen Spielwelt oder die ewige Jagd nach Geld & Gear. Egal ob man jetzt nur 10 Minuten in der U-Bahn hat oder sich für drei, vier Stunden am Stück im Spiel versenken will - DQ9 erlaubt beides.
Im Gegensatz zum aktuellen Trend, den Statistik-Anteil in Rollenspielen immer geringer werden zu lassen, bietet Dragon Quest IX ein vollwertiges Attributs-, Fertigkeits- und Jobsystem. Charaktere haben eine ganze Handvoll Basis-Attribute wie Stärke, Agilität, Fingerfertigkeit und Zähigkeit, zudem verfügt jede Charakterklasse über fünf Fertigkeiten, vier davon für Waffen und eine für die Klassenfähigkeiten. Der Krieger z.B. kann sein Können im Umgang mit Schwertern, Speeren, Messern und Schilden steigern und besitzt dazu noch die Mut-Fertigkeit, die ihm Zugriff auf Kampftalente erlaubt, die seine Partykollegen beschützt. Und wenn man die Nase voll von seiner Basisklasse hat, stößt man schon recht bald im Spiel auf eine Questlinie, an deren Ende man beliebig die Jobs seiner Helden wechseln kann. Fans von zahlengenauem Aufbauen ihrer Charaktere finden hier definitiv ihre Erfüllung, denn jedes Ausrüstungsteil bietet Modifikationen zu den Attributen, und auch das fröhliche Klassenwechseln erlaubt spannende Veränderungen an den Charakterwerten und Fähigkeitslisten.

Technisch reißt DQ9 keine großartigen Bäume aus. Die 3D-Grafik ist bunt und ansehnlich, die Charaktere mit ihrem schon fast retro-mäßigen Kopffüßler-Look sind knuddelig, und die Städte und Dungeons haben alle ihre eigene Identität. Besonders hervorzuheben ist die jederzeit sichtbare Ausrüstung - ein Feature, welches ich bei Final Fantasy und Konsorten stets vermißt habe. Egal ob Blue Jeans und T-Shirt oder voller Plattenpanzer - man sieht jederzeit, was die Charaktere am Leib haben. Dadurch wird das Beute sammeln noch einen Tick suchtfördernder, da man nicht nur nach den Statistiken, sondern auch nach ästhetischen Gesichtspunkten sammeln kann. Sound-seitig bietet DQ9 zum einen schon fast waffenscheinpfllichtigt ohrwurmlastige Melodien, auf der anderen Seite sind die Geräusche bewußt minimalistisch und retro gehalten. Anstelle HD-ophiler Kampfgeräusche gibt’s ein simples “Whack” bei Treffern, und auch der Rest der Soundkulisse mutet sehr 8-bittig an, was im Tandem mit der schön orchestrierten Musik eine ganz eigene Mischung schafft.

Ein ganz besonderes Leckerli ist übrigens die englische Lokalisation. Ein Wortspiel reiht sich ans andere, die Monsternamen sind Grinsegaranten. Ein Wolfsmonster “Bewarewolf” zu nennen, hat schon was. Und diese Art von Humor zieht sich wie ein roter Faden durch’s ganze Spiel. Im Großen und Ganzen also ein Rundum-Sorglos-Paket für Rollenspiel-Fans und für mich ganz klar die Rollenspiel-Überraschung des Jahres. Ich bin vor allem verdutzt, wie “westlich” sich das Spiel anfühlt, immerhin gilt die Dragon-Quest-Serie als Urvater der japanischen Rollenspiele, auf den sich selbst Serien wie Final Fantasy berufen. Umso schöner, daß der Urvater puristischer und spielorientierter ist als seine Nachfahren.

Review: Dead Space Extraction (Wii)

Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, daß ich mit dem ersten Dead Space so meine Startschwierigkeiten hatte. Allerdings hat sich das nach einem kleinen Tip von Sondermann gelegt und ich bin in meinem dritten oder vierten Durchgang (um eventuell mal alle Knarren komplett aufgebrezelt zu haben). Und das Setting ist einfach unglaublich gut.

Das bringt uns nahtlos zu Dead Space Extraction. Auch wenn sich das Genre vom Survival-Horror zum kompromisslosen Lightgun-Geballer verändert hat, ist doch viel von dem, was das “HD-Dead Space” ausmacht, intakt geblieben. Die Story setzt einige Stunden vor den Ereignissen von Dead Space auf der Minen-Kolonie Aegis VII ein. Veteranen erinnern sich: Auf Aegis VII wurde im Zuge einer Ausgrabung ein außerirdisches Artefakt entdeckt, kurz danach häuften sich die merkwürdigen Vorfälle in der Kolonie, und als die Protagonisten von Dead Space ins System springen, sind sowohl die Kolonie als auch der “Planet Cracker” USG Ishimura von merkwürdigen Lebensformen überrannt.

Beim Durchspielen der Story von Dead Space Extraction wird man aus erster Hand Zeuge der Ereignisse auf Aegis VII, von dem Moment, als ein Schlepper-Team den Marker in die Kolonie bringt (und dabei komplett wahnsinnig wird) bis hin zu einer verzweifelten Flucht auf die Ishimura und wieder runter vom Schiff. Im Gegensatz zum ersten Dead Space ist man eher selten allein unterwegs. Neben dem Hauptcharakter (Detective McNeill), einem Sicherheitsbeamten der Ishimura (Weller), einer jungen Dame (Lexine) und einem undurchsichtigen Beamten der verantwortlichen Mining-Firma CEC (Eckhardt) trifft man gelegentlich auf andere Überlebende und sogar ein paar Bekannte aus dem ersten Dead Space, es gibt reichlich Dialog - aber trotz allem herrscht nach wie vor eine absolut lebensfeindliche, beklemmende, ja sogar panische Atmosphäre vor. Der Tod kommt oft und schnell, aber die Anzahl der frust-hervorrufenden Insta-Kills hält sich gottlob in Grenzen. In Sachen Atmosphäre und Storytelling schlägt Extraction so manchen nicht-linearen Gruselschocker, und selbst die beiden Resident-Evil-Chronicles müssen sich in Sachen Horror-Faktor geschlagen geben. Und das sag ich als Resi-Fan. Die Story endet übrigens genau in dem Moment, in dem die von Dead Space einsetzt, und es gibt genug Momente in Extraction, die erklären, warum gewisse Dinge in Dead Space sind, wie man sie als Isaac vorfindet (z.B. die Sache mit den abgestellten Meteor-Abwehr-Kanonen). Ein netter Fanservice. Und dazu später noch mehr.

Spielerisch hält sich Dead Space sowohl nah an der reinen Lightgun-Lehre, verwurstet aber auch jede Menge Einflüsse aus dem “großen” Dead Space. Man gleitet auf Schienen durch die Levels und versucht, nicht von den anstürmenden Feindmassen erdrückt zu werden. Präzision ist sehr wichtig, denn Gegner müssen - wie im Original - von ihren Gliedmaßen befreit werden. Das Waffenarsenal wurde im Großen und Ganzen 1:1 von Dead Space übernommen, so daß alte Bekannte wie die Pulse Rifle, der Plasmacutter oder der Ripper wieder auftauchen. Außerdem gibt es ein paar mehr oder weniger spannende Neuzugänge wie die P-Sec-Pistole oder die Nietenpistole, die neben ihrem Daseinszweck als “Basisknarre” auch noch für eine Handvoll Puzzles eingesetzt wird.
Ebenfalls aus dem großen Dead Space herübergerettet wurden die Alternativ-Feuermodi, die dem Geballer noch eine weitere taktische Note verleihen. Die Alt-Modi werden durch Seitwärtsdrehen der Wiimote angewählt - allerdings reicht es schon, die Remote ganz leicht nach rechts oder links zu neigen, was bei meiner üblichen Handhaltung für Dauer-Altfeuer sorgt. Da wäre mir ein Umschaltknopf lieber gewesen.
Das aus vielen anderen Lightgun-Shootern bekannte Aufklauben von Powerups wurde hier ganz geschickt eingebaut, immerhin gibt es ja im Dead-Space-Universum Telekinesis- und Stasismodule, die hier elegant eingeflochten wurden, um Kisten, Tanks oder Powerups zu schnappen oder Gegner zu bremsen. A propos “bremsen”: Hin und wieder hält das Spiel für ein paar Sekunden inne, damit man die Kulissen nach Upgrades und Muni abzusuchen kann. Eine sehr willkommene Erweiterung.
Eine gute Idee, die leider nicht konsequent genug umgesetzt wurde, ist das “Glühwürmchen”, eine durchs Schütteln der Remote aufladbaren “Taschenlampe”. Wie das große Dead Space auch, ist Extraction sehr, sehr dunkel. Deshalb wäre es eigentlich sinnvoll, dieses Gadget jederzeit einsetzen zu dürfen. Aber nein, es gibt nur eine Handvoll Stellen mit absolut finsterer Dunkelheit, die per Glühwürmchen erhellt werden dürfen - und kommt man dann wieder in einen auch nur minimal helleren Bereich, geht das Ding sang- und klanglos aus. Mir hätte es besser gefallen und vor allem so manch frustige Passage erleichtert, wenn man das Glühwürmchen jederzeit hätte benutzen dürfen. Denn trotz der großartigen Technik verschwimmen manche Gegner mal mit der Dunkelheit, wenn sie entweder recht klein (wie die “Babies”) oder weit im Hintergrund sind. Naja.

Auch vom Umfang her muß sich Dead Space Extraction nicht hinter anderen Spielen verstecken. Der erste Durchgang durch den Storymodus auf dem ersten der vier verfügbaren Schwierigkeitsgrade hat mich gut und gerne 8 Stunden gekostet - was in Zeiten eines Modern Warfare 2 mit seinen sechs Stunden Singleplayer schon üppig ist. Dazu gibt es noch einen rein auf Highscorejagd ausgelegten Challenge-Modus ohne Story-Sequenzen und als freischaltbaren Bonus die sechs Ausgaben des animierten Dead Space-Comics, der sozusagen das Prequel zum Prequel ist. Man bekommt also reichlich Spiel für sein Geld.

Von der technischen Seite gibt es absolut nichts zu meckern. Dead Space Extraction sieht - mit kleinen Abstrichen in Sachen Polygonzahl und Texturschärfe - seinem großen Bruder sehr, sehr ähnlich. Die Soundkulisse ist absolut ebenbürtig, und die Sprecher in meiner UK-Version machen einen fantastischen Job

Fazit: Fans von schnellen und furiosen Action-Spektakeln kommen hier genauso auf die Kosten wie Horrorfans und natürlich die Dead-Space-Fanfraktion. Letztere ganz besonders, denn in Extraction werden viele Dinge, die in Dead Space vorkommen, ein wenig breiter beleuchtet. Außerdem erfährt man noch ein bißchen mehr über den Marker, die Unitology-Kirche und die Verkettung der unglücklichen Umstände, die zum Untergang der Ishimura führen. Ich für meinen Teil bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob Dead Space 2 da mithalten kann.

Und hier für die Unschlüssigen, die noch überlegen, lieber die DV aus dem nächsten Elektrogroßhandel mitzunehmen, ein kurzer Schnittbericht.

Die Invasion geht weiter?

Space Invaders Infinity Gene. Sozusagen von Space Invaders zu Rez und beyond. Soll wohl nächste Woche auf dem XBLA-Marketplace aufschlagen. Der Trailer sieht auf jeden Fall vielversprechend aus. Anzusehen unter

http://www.joystiq.com/2010/09/08/space-invaders-infinity-gene-xbox-360-and-ps3-preview-a-classic-e/1#c30303664

Wenn ich dazu komme, werde ich vor dem Wochenende noch ein Review zu Dead Space Extraction (Wii) einstellen. Ein absolutes Terror-Game, aber im positiven Sinne.

Review: Need For Speed Nitro

Hm, der zweite NFS-Post in Folge? Yup, so kanns gehen, wobei das Fazit allerdings exakt umgekehrt ist. War ich von NFS World ziemlich angenervt, entpuppt sich das Wii-exklusive NFS Nitro als Spaß sondersgleichen. Hat vielleicht was damit zu tun, daß Black Box diesmal nicht involviert sind?

Von Anfang an: NFS Nitro wurde speziell für die Wii entwickelt, was mehrere positive Vorzeichen mitbringt. Zum einen ist die Engine komplett neu und nicht auf Biegen und Brechen angepasst. Zum anderen wurde komplett auf eine Open-World-Komponente verzichtet. Für manche mag das ein Nachteil sein, aber ich empfand die offenen Städte in Underworld 2, Most Wanted, Carbon und Undercover als absolut unnötig. Es gab ja nix zu tun, außer von Rennen zu Rennen oder zum Autohändler zu orgeln - und das hätte man auch locker menügesteuert abwickeln können. Drittens hat man die Ernsthaftigkeit zurückgeschraubt. NFS Nitro ist ein reinrassiger Funracer, komplett ohne NFS Shift-mäßige Sim-Anteile. Hier regiert König Vollgas, und Herzog Drift gibt sich die Ehre. Die kompromisslose Hingabe zum Spaß zeigt sich auch in der Präsentation. Comic-Charaktere ersetzen die möchtegern-hippen Schauspieler der letzten NFS-Teile, und sogar die Autos wurden verknuffelt und mit überzogenen Proportionen versehen. Ein Look, der dem Spiel ausgezeichnet zu Gesicht steht. Da ich keine gescheiten Screenshots zusammenkriege, hier einfach das Intro:

Die Spielgrafik kommt nicht ganz an die Qualität der CG-Sequenzen heran, aber dafür läuft sie schön flüssig - und der Graffiti-Effekt sieht einfach schick aus.

Zum Sound gleich eins vorweg: Bis auf knapp fünf oder sechs (Rock-)Songs ist der Soundtrack totale Grütze. Ich hab ja prinzipiell nix gegen Rap oder Hip Hop, aber viele der elektronischen Titel klingen, als hätte man einen Haufen Keyboards und Drumcomputer die Treppe runtergeworfen und den Mist aufgenommen. Schade, daß die Wii keine eigene Playlist-Funktion wie die 360 bietet, denn hier wäre sie absolut nötig. Naja, dann halt Musik runterdrehen und Sounds lautermachen. Wenigstens hier kann das Spiel vollkommen überzeugen. Die Motoren dröhnen schön voluminös, und auch die restliche Soundkulisse ist total in Ordnung.

Steuerungstechnisch unterstützt NFS Nitro alles, womit man an der Wii Gas geben kann. Egal ob jetzt Remote Pur, Remote + Nunchuck, Wii Wheel, GC- oder Classic-Controller - das Spiel erlaubt die Verwendung jedes Eingabegerätes. Allerdings nicht die freie Konfiguration, was für mich als alten 360-Raser etwas nervig ist. Immerhin bin ich es gewohnt, mit den Triggern zu beschleunigen und zu bremsen, die Classic-Conroller-Konfig verlangt aber, daß ich mit dem Equivalent der LB/RB-Schultertasten vorlieb nehmen soll. Kleines Ärgernis, kann man sich aber dran gewöhnen.

Spielerisch gibt’s einen interessanten Querschnitt durch die letzten NFS-Iterationen. Die obligatorischen Rundenrennen bekommen Gesellschaft von Drag-, Drift, Eliminator- und Geschwindigkeits-Events. Einige kleine Detailverbesserungen machen grade die Drag-Events erheblich spaßiger. Dank eines leisen Klingelns am optimalen Schaltpunkt kann man sich komplett auf die Strecke konzentrieren, ohne ständig den Drehzahlenmesser im Auge behalten zu müssen. Die Events verteilen sich auf fünf Städte und drei Rennklassen. Und hier kommt die einzige echte Krux an NFS Nitro: Es gibt zu wenig individuelle Strecken. Pro Stadt gibt’s maximal zwei Rundkurse und einen Drag Strip, die dann in jeder Rennklasse neu durchgenudelt werden.

Der Fortschritt im Spiel wird ganz clever festgehalten. Es gibt für jedes Event Sterne, bei den Rennen bis zu fünf (drei für Podium-Plätze, einen für Style, einen für schnelle Runden), bei den Mini-Events (Drag, Drift, Speed) bis zu drei. Alle paar Sterne schaltet man neue Autoteile, Events, Autos und Städte frei. Hat man genug Sterne zusammen, darf man am Grand Prix in der jeweiligen Rennklasse (Bronze, Silber, Gold) teilnehmen. Gewinnt man den, steigt man eine Rennklasse auf, in der es dann neue Autos, aber die gleichen Städte, Strecken und Events gibt. Für jede halbwegs gute Platzierung gibt’s außerdem Kohle, die man dann in den Fuhrpark investieren darf.

Die recht schlanke Streckenauswahl wird durch ein großzügiges, hübsch individualisierbares Fahrzeug-Sortiment ausgeglichen. Klar sind auch die üblichen Verdächtigen wie Lambo Gallardo, Audi TT/R8, diverse Porsches oder Corvettes dabei, aber es gibt auch genug Exoten (wie den Renault R4L, den original-Käfer, den Typ-2-VW-Bulli oder den Tesla Roadster), die man nicht an jeder Racer-Milchkanne findet. Im Lauf des Spiels schaltet man, ähnlich wie in jedem NFS seit Underground, Tuning-Teile und Vinyls frei, mit denen man seine Karre personalisieren kann. Zusammen mit der Morph-Option für Teile des Bodykits und der Cartoon-Optik kommen da einige wirklich coole Karren bei rum. Performance-Upgrades sind diesmal komplett abwesend, dafür liegen die Fahrzeuge in den einzelnen Klassen nah genug beieinander, daß man selbst am Ende einer Rennserie noch durchaus mit dem Basis-Schlitten mitrodeln kann und eine gute Figur macht.

Die Fahrphysik, sofern man sie denn so nennen kann, ist gnadenlos auf Arcade-Gekessel ausgelegt. Das namensgebende Nitro ist hier extrem wichtig, und ähnlich wie in Ridge Racer gibt’s für Drifts und Drafts (Windschattenfahren) den lebenswichtigen Saft. Außerdem kann man, wenn man geschickt am Start die Drehzahl im grünen Bereich hält, schon ein wenig Nitro vortanken, um dann auf blauen Feuersäulen am Rudel vorbeizuzischen. Sammelt man lange genug, füllt sich eine zweite Nitro-Leiste, und durch doppelten Druck auf die Nitro-Taste löst man den giftgrünen Super-Nitro aus, der zwar kürzer ballert, aber dafür erheblich heftiger anschiebt. Im Gegensatz zu anderen Racern muß man in NFS Nitro ein wenig auf die Umgebung achten. Kassiert man zu viele Rempler, verliert man nach und nach die Nitro-Tanks. Zum Glück sind in den meisten Events großzügig Schraubenschlüssel verteilt, mit denen man seinen Wagen wieder auf Vordermann bringen kann. Um die Rennen noch chaotischer zu gestalten, haben die Entwickler in jedem Rennen (außer Drag-Events) die Polizei am Start, die ab einem gewissen Punkt in’s Geschehen eingreift und für noch mehr rollende Hindernisse sorgen. Und auch hier weicht NFS Nitro etwas vom Gewohnten ab, denn man kann die Cops dank Powerup auf seine Mitraser hetzen und gleichzeitig selbst uninteressanter werden.

Ein weiteres kleines Manko ist das Fehlen eines Online-Multiplayer-Parts. Der lokale Multiplayer ist ziemlich reichhaltig ausgefallen. Man kann mit bis zu vier Spielern im Splitscreen kesseln, vorausgesetzt, es sind genug Wiimotes vorhanden. Spaßigerweise klappt das sogar im Karrieremodus, so daß alle Spieler Kohle verdienen und Sterne sammeln.

Die Rennen sind alles in allem sehr kurzweilig geraten, der Schwierigkeitsgrad sowohl der zu erreichenden Punkte- und Zeitfenster, als auch der KI sind absolut OK, das berüchtigte NFS-Gummiband ist entweder abwesend oder so subtil, daß es mir bis jetzt nicht negativ aufgefallen ist.

Fazit: Daß EA mich mal positiv überraschen würden, war so nicht zu erwarten. Allein die Ankündigung, daß Dead Space 2 jetzt auch Quick-Time-Events benutzen würde, hat mich ziemlich negativ berührt. Umso schöner, daß NFS Nitro so ein Raser-Leckerli geworden ist. Spötter nennen es NFS Mario Kart, aber ich finde, daß es sich dabei um einen herrlich schnörkellosen Funracer handelt. Und Fun gab’s in einem Need For Speed in letzter Zeit doch eher selten und sporadisch. Wer eine Wii sein Eigen nennt und hin und wieder mal keine Karts über die Rennstrecke scheuchen will, kann hier bedenkenlos zugreifen, zumal es das Spiel oft genug schon für unter 20 Euro zu haben gibt.

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