Eigentlich hatte ich vor, ein Review zu Diablo III zu schreiben. Aber was sollte ich groß schreiben? Es ist wie Diablo 2, mit einem dezent überarbeiteten Skillsystem, 3D-Grafik und einem ziemlich kontroversen Echtgeld-Auktionshaus, welches später nachgepatcht wird. Anstelle zu wiederholen, was man in -zig anderen Reviews lesen kann, einfach nur mal meine positiven und negativen Überraschungen.

- Wer hätte gedacht, daß es so viel Charakter-Interaktion in Diablo 3 gibt? Klar, auch im Vorgänger konnte man den Erzählungen vieler NPCs lauschen, aber Diablo 3 erreicht schon fast das Niveau eines Baldur’s Gate. Kleines Highlight sind die Follower, die den Helden im Solospiel begleiten. Jeder der drei hat eine definierte Persönlichkeit und haufenweise Text, der zu den möglichsten und unmöglichsten Zeiten abgerufen wird. Hat man z.B. den Schurken dabei, kann der nicht umhin, den Spieler auf Elite-Monster und deren Schätze hinzuweisen (”Look at that monster over there, it must have wonderful treasure!”). Oder er flirtet heftigst mit Leah, der Nichte von Diablo-Dauergreis Cain, die den Spieler auch öfters mal ins Gemetzel begleitet. Und auch in den Basecamps wird viel und auch gerne ohne Zutun des Spielers getratscht.

- Das neue Skillsystem ist eine echte Bereicherung. Anstelle wie früher Punkte fest auf Fertigkeiten zu verteilen (und sich nachher böse zu ärgern, wenn der neue Skill nicht die erhoffte Monstercalypse bringt), schaltet man bei Diablo 3 mit steigender Levelzahl neue Skills und Skill-Upgrades, die sogenannten Runen frei, die man dann jederzeit neu auswählen kann. Bringt’s der Rundumschlag des Barbaren beim Endboss nicht? Kein Problem, außerhalb des Kampfgetümmels mal eben das Skillmenü aufmachen, einen fetten Einzelziel-Hieb auswählen und nach ein paar Sekunden “Umschalt-Pause” erneut in die Schlacht. Damit fällt das lästige Hochziehen neuer Charaktere flach, wenn man mal eine neue Skillung ausprobieren möchte und erlaubt generell taktisch flexibleres Spielen. Schön.

- Das Einsammeln von Audiologs ist ja seit Bioshock fast so allgegenwärtig wie Levelsysteme in allen möglichen und unmöglichen Spielen seit CoD4. Und auch Diablo III kann nicht ohne. Allerdings finde ich den stetigen Strom aus Briefen, Bestiary-Seiten und Tagebucheinträgen unglaublich spannend und der Atmosphäre zuträglich. Zu hören, wie König Leoric immer mehr dem Wahnsinn verfällt, sorgt schon für die eine oder andere Gänsehaut, vor allem in Verbindung mit den Örtlichkeiten, wo die Logs gefunden werden.

- Nicht so schön ist die ständige Online-Anbindung, gerade wenn man mal alleine für sich spielen will. Man ist auf Gedeih und Verderb den Blizzard-Servern ausgeliefert, und wenn die mal zur Wartung runtergefahren sind, guckt man in die Röhre. Andererseits ist es natürlich superpraktisch, mit zwei Mausklicks in die Partie eines Kumpels springen zu können. Und hier macht Diablo 3 einfach immer noch am meisten Spaß - mit netten Leuten, mit denen man sich auch unterhalten kann.

Alles in allem ein tolles Spiel. Mal sehen, ob es in zehn Jahren genau so hingebungsvoll gezockt wird wie Diablo 2 heute.

Und wo wir schon bei Überraschungen sind, gleich noch eine.

Dragon’s Dogma hat mich seit dem ersten Teaser-Trailer vor anderthalb Jahren schon ziemlich interessiert. Ein Action-Rollenspiel in einer klassisch-westlichen Fantasywelt, mit Vier-Mann-Party und jeder Menge Monster, die direkt aus einem D&D-Monsterbuch entsprungen sein könnten? Großes Kino.

Und auch wenn das finale Produkt einige (technische) Macken hat, freue ich mich, einen würdigen Skyrim-Herausforderer zu präsentieren.

dds11

Denn sowohl das letzte Bethesda-Epos als auch der aktuelle Titel von Capcom haben viel gemein. Beide sind Open-World-Spiele, in beiden spielen Drachen eine zentrale Rolle und in beiden hat man theoretisch die Freiheit, zu tun und zu lassen, was man möchte.
Und das war’s dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Der größte Unterschied zu Skyrim ist, daß man in Dragon’s Dogma mit drei weiteren Gefährten durch die Lande zieht. Einen davon erschafft man selbst und stattet ihn mit Fähigkeiten aus, die den Hauptcharakter praktischerweise ergänzen sollten. Spielt man also wie ich einen Bogenschützen, sollte man seinen ersten Pawn auf Nahkampf bürsten, damit der die Gegner von einem weghält. Die anderen beiden - und das ist das eigentlich Revolutionäre - sind die Main Pawns anderer Spieler, die man an sogenannten Riftstones herbeirufen kann. Ich weiß nicht genau, wie das funktioniert, aber während man spielt, ist eine Kopie des eigenen Pawns ebenfalls unterwegs, und jedes Mal, wenn man in einem Gasthaus oder an einem Rastplatz anhält, kommt er wieder und bringt Geschenke und unter Umständen auch neues Wissen über Gegner, Landschaft und Quests mit.

Und dann wäre da das Kampfsystem. Erschöpft sich der Kampf in Skyrim damit, wie ein Berserker auf den Angriffsknopf zu hämmern, bis der Gegner tot ist, besitzt jeder Charakter in Dragon’s Dogma bis zu sechs aktive Fertigkeiten (die man im übrigen nach persönlichem Gusto auswählen und aufleveln darf). Bei meiner Bogenschützin sind das erstmal die normale leichte und harte Attacke, dazu dann drei Spezialmanöver mit dem Dolch (eine nicht enden wollende Stichserie, ein gemeiner hinterhältiger Angriff und ein Beutel mit Blitzpulver, welches den Gegner in Brand setzen kann) sowie der normale Schuß mit dem Bogen und dort ebenfalls drei Spezialmanöver - eine Salve aus zehn Pfeilen direkt hintereinander, ein elf Pfeile breiter Streuschuß und ein unglaublich befriedigender Sniperschuß, bei dem ich in Zeitlupe gaaaaaaanz ganz nah an den Gegner heranzoomen und ihm dann ein Ohr abschießen kann. Und mit steigenden Levels werden die Attacken härter und heftiger. Das sorgt, vor allem in Verbindung mit den KI-Kumpanen, für ein sehr dynamisches Getümmel auf dem Schlachtfeld, wenn die Magier Feuerbälle schleudern, die Krieger Gegner durch die Gegend werfen und ich mit meinem Pfeilen munter drauf halte.

Ein weiterer Unterschied zu Skyrim ist die Tatsache, daß die Welt nicht mitlevelt. Das bedeutet, man kann problemlos Gegnern in die Arme laufen, die ein paar Nummern zu groß für einen sind. Wie dieser Drache hier zum Beispiel.

Party vs. Drache

Party vs. Drache

. Es ist keine Schande, vor solchen Brocken davonzulaufen. Das nimmt dem Spiel ein wenig den “Alles dreht sich nur um dich”-Charakter und sorgt für ein Extra-Quentchen Anspannung.

Nach knapp drei Tagen Dauerzock (und ich bin noch laaaange nicht fertig) kann ich Capcom jedenfalls attestieren, einen herrlichen Abenteuerspielplatz ausgebrütet zu haben. Die Welt ist riesig, das Kampfsystem fetzt und ich fühle mich ständig wie in einer Dungeons&Dragons-Runde. Ausrüstung managen, Party-Mitglieder bei Laune halten und baumhohe Mistviecher absägen.

Baumhohe Gegner, hier ein Zyklop im Sonnenuntergang

Baumhohe Gegner, hier ein Zyklop im Sonnenuntergang

Man sollte allerdings auch erwähnen, daß die Framerate gelegentlich in den Keller geht und die Grafik für ein PS3-Spiel eher mäßig ist (einige Texturen sind sogar für mich potthäßlich). Das wird allerdings durch das schön dark-fantasymäßige Art-Design wieder ausgeglichen. Und hier noch ein paar Schnappschüsse aus Dragon’s Dogma. Das Spiel hat nämlich eine eingebaute Screen-Capture-Funktion, was es mir wirklich einfach macht, diese Fotos zu posten.

Gran Soren, die Hauptstadt. Die Herrschaften, die da um mich rum stehen, sind die Pawns

Gran Soren, die Hauptstadt. Die Herrschaften, die da um mich rum stehen, sind die Pawns

Die Kirche von Cassardis, dem ersten Dorf

Die Kirche von Cassardis, dem ersten Dorf

Und bevor jemand fragt, ich hab keine Ahnung, warum die Bilder mein WordPress zerschießen. Naja, wer bunt sein will, muß leiden :)

Update:

Und wo ich schon dabei bin, Dragon’s Dogma über den grünen Klee zu lobhudeln, schnell noch ein paar Tips hintendran.

Erstens: Oft und gerne manuell speichern. Ähnlich wie das von mir nicht wirklich geliebte RAGE bietet DD zwar eine Autosave-Funktionalität, die greift aber nur beim Rasten und beim Ortswechsel (Landkarte -> Dungeon z.B.). Dankenswerterweise hat Capcom eine sehr zügig greifende Quicksave-Funktion integriert. Einfach das Pausemenü öffnen, SELECT drücken und schon ist der Spielstand gesichert und kann beim Ableben per “Retry” gleich wieder geladen werden. Die Basis allen Erforschens. Und ich stelle das bewußt nach ganz oben, denn ich hab heute SCHON WIEDER knapp anderthalb Stunden Forscherei (und einen tollen Kopfputz für meine Heldin) verloren, weil ich nicht manuell zwischengespeichert habe. Grrr.

Zweitens: Die Pawns sind auch eine Waffe. Wer DD wie Skyrim spielt oder generell den “Ich muß alles selber killen”-Honk raushängen läßt, wird sehr oft sehr viele Tode sterben. Diie Pawns sind durchaus in der Lage, Feinde beschäftigt zu halten, die Party mit Waffenverzauberungen oder Heilzaubern zu versorgen oder generell nützlich zu sein. Und im Gegensatz zum Helden können die auch durchaus mal umfallen. Verliert ein Pawn sämtliche Hitpoints, rennt man einfach zu ihm hin und belebt ihn mit einem freundlichen Schulterklopfer wieder. Kostet keine Ressourcen und der Pawn kommt mit 50% HP zurück, was meist bis zur nächsten Haltestelle reicht.

In eine ähnliche Kerbe haut auch Nummer zweieinhalb: Der “Main Pawn” levelt wie der Hauptchar, Pawn 3 und 4 allerdings NICHT. Deswegen ist es unumgänglich, seine Begleiter immer mal wieder durch stärkere Exemplare auszutauschen. Wenn man genug Riftkristalle hat (die Währung, mit der Pawns “gemietet” werden), kann man auch problemlos Pawns mitnehmen, die eine Handvoll Levels über dem eigenen angesiedelt sind. Gerade für meinen zweiten Fighter nehme ich üblicherweise jemanden, der der Party gute 10 Levels voraus ist. Der Pawn kann dann ordentlich was ab und hat im Optimalfall schon eine ganze Handvoll Quests unterm Gürtel, die uns noch bevorstehen. Macht das Leben angenehm und nimmt dem Spiel die in diversen Reviews angedrohten Frustspitzen.

Das sollte für’s Erste reichen, bei Bedarf gibt’s noch mehr.