Trial And Error: Hardcore
- October 9th, 2011
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Oder: Dark Souls ist gar nicht so schwer
“Ja, spinnt der denn?” dürfte so mancher jetzt denken. Immerhin schreit alle Welt, daß Dark Souls, zusammen mit seinem Vorgänger, Demon’s Souls, zu den schwersten Spielen aller Zeiten gehört.
Ich sage: Ansichtssache. Für mich wird ein Spiel dann schwer, wenn es extremes Timing verlangt. In Dante’s Inferno z.B. gibt es im “Gier”-Level eine Mischung aus Aufzug und Falle, an der ich selbst mit Red Bull gedoped komplett versage, weil das Fenster zwischen “Hebel ziehen”, “auf Plattform klettern” und “von herunterkrachender Guillotine zersägt werden” entschieden zu klein ist.
Schwer wird’s auch, wenn ich z.B. in einem Shooter wie Gradius ReBirth, dem originalen R-Type oder Deathsmiles Kugeln, mein Schiff und sich notfalls auch noch bewegende Levelgeometrie koordinieren muß und ein Treffer das Ableben, den Verlust sämtlicher Extrawaffen oder (im Falle von Deathsmiles) die Chance auf den High-Score zunichte machen kann.
Und hier läßt sich klasse der Bogen zu Dark Souls spannen. Ich kenne - aus Mangel einer PS3 - Demon’s Souls nicht, aber das Einzige, was bei Dark Souls wirklich hart ist, sind die Konsequenzen für’s Sterben. Ähnlich wie in einem Shmup wie R-Type trägt man nämlich was ungeheuer Wertvolles in Form von Seelen mit sich. Seelen sind Erfahrungspunkte und Geld in einem, und daher der Dreh- und Angelpunkt der Charakterentwiclung und ebenso essentiell wie eine voll aufgerüstete Drohne in R-Type. Stirbt der Spieler jetzt, fallen alle Seelen in der Nähe seines Sterbeortes zu Boden, er wird an den letzten Rastplatz gebeamt und die gesamte Welt wird wieder mit Monstern gefüllt. Bei R-Type heißt das: Alle Waffen weg, zurück auf Level-Anfang und alle Gegner wieder da.
Aber: Man kann ja zum Ort seines Ablebens zurücckkehren und die Seelen einsammeln. Und wenn man sich nicht total dämlich dabei anstellt, bekommt man sogar nochmal die gleiche Menge an Seelen dazu, weil man ja den gleichen Weg noch einmal gegangen ist.
Und im Gegensatz zu einem Shmup wie R-Type hat man es bei Dark Souls sogar noch ein wenig einfacher, denn man hat keinerlei Zeitdruck. Immerhin scrollt der Level nicht von alleine.
Klar, die Spieldesigner von Dark Souls haben einige Gemeinheiten in den Levels verbaut. Hinterhalte. Auf den ersten Blick unbesiegbare Gegner (an denen man aber auch VORBEIRENENN darf!). Todesfallen. Außerdem ist die Anzahl an schmalen Simsen oder klapperigen Bretter-Brücken ohne Geländer, die man passieren MUSS, um Längen höher als in jedem anderen Spiel diese Generation. Aber: Dark Souls erlaubt es, daß man sich in seinem eigenen Tempo durch die Welt bewegt. Kein Zeitlimit. Wer defensiv spielt, kommt weiter. Und immer wieder gibt’s kleine Motivationsbooster in Form von Abkürzungen, garantierten Item-Drops und wirklich fair gesetzten Raststätten. Und wie in einem Shmup lernt man nach und nach die Angriffsmuster der Gegner, so daß eine Passage, die vor einer halben Stunde noch nach totaler Vernichtung ausgesehen hat, plötzlich zu einem angenehmen Farming-Spot wird.
Ja, richtig gelesen. Man kann das System nämlich auch prima für seine Zwecke einsetzen. Klar isses happig, wenn nach einer Rast plötzlich alle Monster wieder da sind. Aber: Was ist, wenn man ein gut platziertes Lagerfeuer hat, in dessen Nähe sich eine Handvoll Monster und ein Laden befindet? Eben. Man frühstückt die Monster ab, sammelt die Seelen ein, geht zum Lagerfeuer zurück, rastet, die Viecher sind wieder da und warten nur darauf, nochmal abgeerntet zu werden. Und nach ein paar Durchgängen hat man plötzlich eine schicke neue Rüstung, eine neue Waffe und dezent angehobene Charakterwerte und kommt wieder ein gutes Stück weiter.
Außerdem bietet Dark Souls - trotz einer großzügigen Auswahl an Start-Klassen - die komplette Freiheit, so zu spielen, wie man selbst will. Ich hab in den letzten zwei Tagen einen Priester, einen Ritter und einen Zauberer ausprobiert und komme - entgegen meiner eigentlichen Präferenz - wunderbar mit dem Magier zurande, der eigentlich die schlechtesten Statistiken der Startfiguren hat, zumindest was Lebensenergie und Ausdauer angeht. Aber dafür habe ich einen verdammt guten Fernkampfangriff und bin leicht und wendig. Und was einen nicht trifft, tötet einen nicht. In Kombination mit einem schönen großen Eisenschild bin ich - sofern ich nicht grade aus dem toten Winkel angefallen werde - nahezu unkaputtbar. Zumindest, solange ich es mit den langsam wankenden Untoten zu tun habe. Rasende Höllenhunde oder messerwerfende Kultisten sind da leider schon wieder eine ganz andere Baustelle…
Auch wenn ich manchmal die Hände vors Gesicht schlage, weil ich durch eigene Dummheit mal eben wieder 4000 Seelen verloren habe, bin ich doch weit davon entfernt, meinen Controller zu zerbeißen oder den Fernseher zu zerhackstücken. Dark Souls ist einfach nur ein wirklich strenger Lehrmeister, der einem die eigene Unzulänglichkeit knallhart vor Augen führt. Kein “zurück zum Checkpoint”. Einfache und klare Regeln, das Prinzip “Ursache und Wirkung”. Rennst du blauäugig in einen unbekannten Raum, bist du tot. Stattdessen hättest du ja z.B. deinen Bogen zücken (ja, ich kann auch als Magier Bogenschießen - die am besten angelegten 1200 Seelen ever) und die Monster einen nach dem anderen rausziehen können. Und vor allem: Augen auf! Auch wenn es einige Deppen da draußen gibt - der Großteil der in Dark Souls auf die Böden geschriebenen Nachrichten sind gut gemeinter Rat. Und wenn da dreimal “Achtung! Hinterhalt” zu lesen steht, dann sollte man das besser ernst nehmen.
Zum Abschluß also nochmal: Ist Dark Souls das schwerste Spiel aller Zeiten? Für mich nicht. Herausfordernd, ja. Konsequent auch. Es erinnert mich sehr oft gleichzeitig an einen guten Shmup und an ein Roguelike. Man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke auf einen wartet. Und das macht Dark Souls zu einem der intensivsten Spiele, die ich seit langem gespielt habe. Und das, obwohl ich erst drei Bosse hinter mir habe
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