Spaß beim Blutvergießen
- May 8th, 2011
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Oder: Mortal Kombat, kurz seziert.
Wer vorhat, Mortal Kombat online zu spielen, sollte besser einen alternativen Account besitzen, um den beigefügten “Kombat Pass” entwerten zu dürfen. Ironischerweise ließ sich das ebenfalls als Download-Coupon beigefügte Alternativ-Outfit für Scorpion problemlos vom deutschen Marketplace einlösen. Verstehe wer will. Mal ganz davon abgesehen, daß ich es für eine absolute Frechheit halte, den Multiplayer-Part seperat aktivieren zu müssen, nur damit die arme Socke, der ich eventuell das Spiel mal vererben werde, sich einen neuen “Kombat Pass” für zehn Euro ziehen muß. Aber das ist ein Rant für einen anderen Tag, und so langsam habe ich genug Munition dafür.
Einige Fakten vorweg: Das neue Mortal Kombat (MK9, sozusagen) ist das bisher blutigste der Serie. Man hat manchmal das Gefühl, als ob Ed Boon und seine Kumpanen sich für das recht handzahme Mortal Kombat vs. DC Universe entschuldigen wollten. Es ist komplett over the top, es fließen hektoliterweise Blut, es werden Gliedmaßen zerlegt, und die X-ray-Move wirken insbesondere aufgrund ihres Sounddesigns extrem entnervend. Ist natürlich klar, daß die USK sowas nicht gut findet. Man merkt zwar an allen Ecken und Enden, daß die Entwickler das primär als infantilen Humor sehen, aber hin und wieder ist es ein wenig “too much”.
Spielerisch wurden die bereits in MKvsDCU angedeuteten Schritte in Richtung “Back To Basics” konsequent weitergedacht, was sicherlich auch der Verdienst vom Erfolg eines Street Fighter IV gewesen sein dürfte. MK9 ist ein reinrassiger 2D-Prügler, keine 3D-Ausweicherei mehr. Außerdem ist das Spielsystem ein wenig “offener”, gab es früher noch jede Menge vorgefertigter Kombos, die man nur noch auswendig lernen mußte, bietet MK9 jetzt ein flexibleres System, in dem man per Juggles, Air Hits und Stuns quasi seine eigenen Kombo-Strings basteln kann. Dazu kommt noch, daß fast jeder zweite Charakter im MK-Universum einen Teleport besitzt, und man hat einen hübschen kleinen Kombo-Baukasten zur Hand. Und man kann über Mortal Kombat sagen, was man will - die Serie hat einen ganz eigenen Stil, den man sonst nirgendwo findet. Grade das Ausführen der Specials geht superlässig von der Hand, mehr als zwei Richtungseingaben plus eine der vier Angriffstasten sind selten gefordert.
Technisch ist Mortal Kombat ein echter Leckerbissen. Auf dem Fundament der Unreal-Engine haben die Netherrealm Studios das meiner Meinung nach schönste Prügelspiel der letzten Jahre gezaubert. Auch wenn es hin und wieder ein paar Unstimmigkeiten in Sachen anatomische Korrektheit (Liu Kangs Oberkörper ist noch grotesker als der von Rey Mysterio jr., zum Beispiel) oder die eine oder andere häßliche Textur gibt, ist das Gesamtpaket sehr stimmig. Es ist schön bunt, die Animationen sind geschmeidig und irre schnell, die Beleuchtung und Wettereffekte sehen toll aus, und das Sounddesign ist markerschütternd gut. Das hat nichts mehr mit der cleveren Low-Budged-Produktion eines MK1 oder 2 zu tun, das ist ein echter High-End-Schmaus. Interessant finde ich außerdem, daß die Grafik enorm plastisch daherkommt - man hat fast das Gefühl, als würden einen die Kämpfer direkt anspringen. Sowas habe ich bisher noch nicht gesehen - schon gar nicht auf non-3D-Hardware.
Nach dem spielerisch zwar umwerfend grandiosen, vom Umfang aber her ziemlich dünnen Marvel vs. Capcom 3 erschlägt Mortal Kombat den Spieler gradezu mit Möglichkeiten, die Zeit totzuschlagen. Entweder man prügelt sich durch ein zehnstufiges Arcade-Match (entweder solo oder im Tag-Battle-Modus), haut sich durch den Story-Modus, der über eine Spielzeit von bis zu 15 Stunden die Geschichte des Mortal-Kombat-Universums aufrollt oder knabbert am 300 Levels umfassenden Challenge-Tower. Und grade am letztgenannten Modus merkt man, mit wieviel Herzblut die Macher ihr Spiel angegangen sind. Im Challenge Tower gibt’s einen komplett skurrilen Mischmasch aus “klassischen” Matches, Minigames (das berühmte “TEST YOUR MIGHT” ist wieder mit von der Partie und hat noch ein paar Kumpels mitgebracht) oder komplett verrückte Ideen, die nur am Rande was mit einem “typischen” Prügelspiel zu tun haben. Gern gesehen z.B. sind die “Verteidigungsmissionen”, in denen man sich Horden von Zombies vom Hals halten muß, indem man die Special Moves von zwei Charakteren in schneller Folge durchziehen muß, inklusive genau abgestimmter Wechsel zwischen den Charakteren. Oder diverse Demonstrationen des Physiksystems (z.B. “Besiege deinen Gegner, indem du ihn mit deinen eigenen Körperteilen bewirfst - die natürllich wieder nachwachsen”), Das schlägt den ähnlich gelagerten “Tower Of Lost Souls”-Modus in Soul Calibur IV um Längen, zumal man nebenbei noch nette Tricks und Kniffe für das “echte” Spiel lernt.
Und für jedes Match, jede geschaffte Herausforderung im Challenge-Tower gibt’s die schon aus den letzten paar Spielen bekannten “Koins”. Diesmal gottlob nur in einer Farbe (nämlich Gold). Und diese Koins investiert man in der “Krypt”, einem wirklich riesigen Ingame-Shop, in dem man neben allerlei Bonusmaterials wie Musik, Artworks etc. auch alternative Kostüme oder gar neue Moves finden kann.
Bis man hier alles gesehen und gefunden hat, vergehen auf jeden Fall noch ein paar Tage extra, denn ein Durchgang im Storymodus reicht für vielleicht 40% der verfügbaren Unlocks, den Rest kann/darf/muß man sich im Challenge-Tower oder in den Arcade-Matches verdienen.
Zum Online kann ich leider nicht allzuviel sagen, da ich bisher nur das Pech hatte, mit einer Handvoll Amis spielen zu können, und der Netcode von MK9 ist definitiv nicht für transatlantische Schlachten ausgelegt. Und die Kollegen in meiner Freundesliste wollten (noch) nicht mit mir zocken, daher hebe ich mir ein Urteil für später auf.
Ach ja, angesichts meines “Prügelspiel-Boss-Rants” von neulich noch eine kurze Anmerkung: Mortal Kombat war ja schon immer berüchtigt dafür, daß die Bosse (allen voran natürlich die vierarmigen Shokan-Monster Goro und Kintaro) extrem “cheap” waren. Ich habe MK9 auf den ersten drei der fünf verfügbaren Schwierigkeitsgrade gespielt und bin zwar manchmal böse ins Schwitzen gekommen, aber Frustschübe wie bei Street Fighter IV oder Tekken 6 sind mir nicht untergekommen. Hut ab.
Prügelfans kommen eigentlich nicht an MK9 vorbei, sieht man mal vom Ärger mit der Online-Aktivierung ab. So, und jetzt hätte ich gerne endlich einen würdigen Online-Gegner, der Sonntag ist nahe!
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