Prügel für Feinschmecker
- January 21st, 2011
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Nee, ich hab nix gegen Gourmets - hier geht es um einen echten Geheimtip im Beat’em-up-Sektor: BlazBlue Calamity Trigger.
Ja, ich bin spät dran, gibt’s doch schon seit ein paar Monaten die Erweiterung “Continuum Shift”, aber da ich dank Falsy erst vor ein paar Tagen drauf aufmerksam gemacht wurde, halt jetzt erst den älteren Teil.
Aber nochmal ein paar Sprünge zurück. BlazBlue ist die neueste Serie von Arc System Works, die bisher insbesondere durch die GuiltyGear-Reihe aufgefallen sind. Bei GG handelt es sich um herrlich abgedrehte 2D-Prügler, die mit Street Fighter nur die geliebt/gehassten Viertelkreis-/Zickzackbewegungen für die Special Moves gemeinsam haben. Und natürlich die Tatsache, daß die Kämpfer in 2D dargestellt werden. Allerdings sind die Charaktere bei GuiltyGear (und BlazBlue) meilenweit von den halbwegs “normalen” Kampfsportlern eines Street Fighters entfernt. Ich habe nur “Guilty Gear XX” auf dem PSP und dem PC ausgiebiger gespielt und war von Anfang an von dem überdrehten Zeichenstil und vor allem der von gnadenloser Gitarrenarbeit getragenen, mit klassischen Orchester-Versatzstücken gespickten Musik begeistert.
BlazBlue ist wie gesagt die aktuelle Serie von Arc System Works und erbt viele der GG-Trademarks - opulent gerenderte Hintergründe, extrem detailreiche Sprites, fantastische Musik und komplett abgedrehte Charaktere. Stachelhaarige Schwertschwinger? Noch die normalsten Leute im Roster. Catgirls? Check. Riesige Cyber-Mechanoiden? Logo! Ein kurzer Blick auf die Charakter-Artworks zeigt, wo hier die Reise hingeht. Bei Guilty Gear waren die Charaktere schon recht einzigartig, was die Spieltechnik anging, aber bei BlazBlue bekommt jeder Charakter eine Eigenheit, die nur er allein hat. Das wird dadurch erreicht, daß es neben drei regulären Angriffsknöpfen (für leichte, mittlere und harte Angriffe) noch den sogenannten “Drive”-Button gibt, der die Spezialität des Charakters aktiviert. Ragna z.B. (der rot gekleidete Schwertschwinger) kann per Drive seinen Gegnern Lebensenergie abzwacken, Tao (Catgirl) springt katzengleich quer über den Bildschrim, Rachel (Vampirmädchen mit lebendigem Schirm) kann Winde herbeirufen etc. Das geht weit über simple Special Moves hinaus (die beherrscht jeder Charakter obendrei), sondern das definiert den Kampfstil des Charakters. Carl Clover z.B. (der kleine Junge mit der Marionette) ist an sich nämlich eigentlich ziemlich wimpig auf der Brust, aber er kann per Drive seine Marionette steuern und mit ihrer Hilfe nicht nur durchschlagende Specials auf den Gegner loslassen, sie kann auch als Schild benutzt werden oder leise still und heimlich aus dem Hintergrund heraus angreifen.
Das Drive-System verleiht jedem Charakter unglaubliche Tiefe, die über die relative Kürze der Movelist hinwegtröstet. Im Vergleich zu einigen anderen Kollegen (wie z.B. Street Fighter), bei denen ich selbst nach ausgiebigen Training selten Land sehe, bestraft BlazBlue Anfänger nicht sonderlich hart. Selbst mit rudimentärer Kenntnis der Movelist (und einigen cleveren Tastenbelegungen) klappt das Gegner aufmischen recht zügig. Aber bis ich damit wirklich wettbewerbstauglich werde, dürften noch ein paar Nächte ins Land gehen. Auch wenn das Roster mit 12 Kämpfern ziemlich überschaubar ist (grade im Vergleich zu Tekken 6 mit seinen über 40 Kämpfern!), sind die Charaktere so unterschiedlich und einzigartig, daß es keine Clones oder Filler gibt. Und genialerweise dürfte jeder Spieler seinen eigenen Favoriten finden.
Eine kleine Besonderheit sei noch erwähnt: Im Gegensatz zu vielen anderen Prügelspielen, in denen die Backstory wenig (Tekken) bis gar nichts (Virtua Fighter 5) zum Spiel beiträgt, ist sie bei BlazBlue sogar das zentrale Element. BlazBlue hat zum einen einen hübsch übersichtlichen Arcade-Modus (10 Stages, schicker Abspann), in dessen Verlauf bei einigen Paarungen nette Dialoge ablaufen, aber richtig eintauchen kann man in den Story-Modus. Hier werden die Kämpfe von teilweise ellenlangen Story-Sequenzen (teilanimierte Standbilder nebst Sprachausgabe) flankiert. Und je nach dem, ob man bestimmte Kämpfe gewinnt oder verliert, je nachdem, welche Option man in Dialogen anwählt, verändert sich die Story. Für jeden Charakter gibt es einen schön verschachtelten Storybaum, und ein Durchgang kann locker mal eine Stunde auffressen. Klar, man muß abgedrehte postapokalyptische Anime-Verwirrungen und teilweise extrem skurrilen japanischen Humor mögen (HELLO, BOOBIE-LADY!), aber ein Prügler, der wirklich ernsthaft versucht, eine Geschichte und Charaktere, die mehr als nur “Arrr, I fight!” sagen können, rüberzubringen versucht, gab’s seit dem ersten Soul Calibur nicht mehr.
Ich bin definitiv angetan davon und werde mir sicherlich auch das Upgrade zulegen, sobald das in budgetfreundliche Regionen abgesackt ist.
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